1 avis sur Orthodoxe Synagoge in der Joachimstaler Straße
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Niclas G.
Évaluation du lieu : 5 Berlin
Leider gibt es eine gewisse Tradition, Synagogen in eher unauffällige Hinterhöfe zu bauen statt direkt an die Straße, wo man seine Religion und Herkunft dann offen zeigen kann. Aber als Jude hatte man es in der Geschichte nicht so einfach. Tief zu stapeln, war leider oft lebenswichtig. Und so sind auch in Berlin einige Synagogen so gut versteckt, dass man ihre Existenz nur durch das bewachende Polizeiaufgebot draußen auf der Straße wahrnehmen kann. Wie auch die zweite, traditionsreiche Synagoge Charlottenburgs in der Pestalozzistrasse ist die in der Joachimstaler Strasse erst sichbar, wenn man das Vorderhaus durchquert hat. Von außen ist es ein eher nüchterner Bau. Früher war es ein Gebäude einer jüdischen Loge, dann eine Schule für jüdische Kinder. Seit 1945 wird das Gebäude als Synagoge genutzt. Zeitweise befanden sich hier auch weitere Einrichtungen der jüdischen Gemeinde. Der Saal für die Gottesdienste selbst ist relativ schlicht gehalten, aber überraschend groß. Wie es sich für eine orthodoxe Synagoge gehört, ist ein eigener Bereich für die Frauen im hinteren Bereich des Raumes abgetrennt. Mehrfach war ich zur Feier des jüdischen Neujahrs Ende September hier. Dies ist nicht nur ein religiöses, sondern durchaus auch ein soziales Ereignis in der Gemeinde. Zeitweise ist es auch mal unangehnem voll. Vor der Sicherheitsschleuse im Vorderhaus bilden sich dann Schlangen wie am Flughafen, wobei es hier deutlich chaotischer zugeht, denn regelmäßige Besucher werden auch schon mal vorgelassen, worauf sich dann natürlich jeder für einen regelmäßigen Besucher hält und das Chaos ausbricht. Drinnen tragen dann alle Männer dunkle Anzüge und Kippas. Viele Frauen sind zu dieser Gelegenheit unglaublich gut angezogen, man merkt, dass hier viele russischstämmige Besucher sind, und so kleidet man sich zu den Partys nach der Synagoge passend in Versace oder ähnliches. Gelegentlich sieht man hier so viel Bein, dass es zum Ort dann nicht so recht passen will. So findet auch ein spannender Teil der Veranstaltung im Innenhof vor der eigentlichen Synagoge statt, hier trifft man alte Freunde oder schließt neue Bekanntschaften. Für einen katholisch aufgewachsenen Jesuitenschüler auf Besuch kommt einem der Gottesdienst selbst auch recht informell vor. Besucher kommen und gehen die gesamte Zeit, im Gebetsraum ist deshalb immer etwas los, und der Rabbi ruft seine Gemeinde auch schon einmal mitten drin zur Ruhe auf, wenn es ihm hier zu bunt wird. Aber zumindest in den vorderen Rängen ist man hier ernsthaft bei der Sache, Spiritualität ist natürlich auch dem Judentum nicht fremd. Wie bei Christen auch sorgt aber ein Fest wie Neujahr dafür, dass sich hier auch Menschen versammeln, die sich sonst eher nicht zum Beten hier einfinden. Und deshalb nicht wirklich in den erforderlichen Ritualen geübt sind. Bei meinen Besuchen hat es mich jedenfalls gefreut, dass dieses jüdische Leben wieder ein Teil dieser Stadt geworden ist.