Eifelbahn Verkehrs

Haben Sie schon einmal jene Sorte von Menschen kennen gelernt, die immer dann glänzende Augen bekommt, wenn sie ein fernes «hööööööööööö-​öhööööööööööö-​ööhö!» hört? Und die die Nase wie ein läufiger Straßenköter schnuppernd in die Luft reckt, wenn es in der Nähe von Schienen nach Kohlequalm riecht? Und wenn gleich zwei von dieser Sorte miteinander reden, sich solche für normale Menschen völligen Unsinn an den Kopf werfen wie «Letztens die 01 1066 auf der Geislinger Steige gesehen, das ist ein geiles Stück, ja, die Ulmer, wie die den Berg raufpumpt…» Worauf der andere, gar nicht zuhörend, antwortet «Ich war am Brocken, hast du schon mal auf der Bühne erlebt, wie die Bullen im Stand rotzen?». Haben Sie so was schon mal erlebt? Nicht? Ich schon! Seit 30 Jahren höre ich mir so was an — und gebe meine eigenen Kommentare dazu.
Diese Sorte Mensch gehört neben Fußball-​Hooligans zum schlimmsten, was man sich vorstellen kann. Hervorstechendste Eigenarten: Man redet nur in Kodierungen, man klettert wie auf der Flucht vor Flutwellen oder Kampfhunden auf Signale und Strommasten, nur um ein Foto von einem Zug zu machen, man rennt blind über Gleise als hinge das Leben davon ab, ohne zu bedenken, dass man im Gegenteil sein Leben so in größte Gefahr begibt. Man redet scheinbar sinnlos auf andere Menschen ein, sobald man auch nur das geringste Interesse an Eisenbahnen zu entdecken glaubt.
Wenn Sie einem solchen Menschen begegnen, dann beherzigen Sie folgenden Tipp: Heucheln Sie kein Interesse, denn dann hängt sich der Eisenbahnfan die nächste Zeit wie eine Klette an Sie und will Sie davon überzeugen, wie faszinierend seine Welt doch ist. Er penetriert Sie ungefragt mit selbst geschossenen Fotos, völlig uninteressanten Detailkenntnissen z.B. über die Anzahl der Nieten am Tender der 03 1010 (was auch immer das sein mag) vor der Rekonstruktion im Jahre 1959, oder dass die C4ymg-​51-​Wagen ab 1956 B4ymg und später Byl 421 hießen. Aha?! Interessant, oder? Egal wie — halten Sie sich als Normalsterblicher von diesen Leuten fern.
Sollte Sie aber mal die Neugier überkommen, wie sich solche Menschen gerieren, dann empfehle ich als Einstieg eine kurze Ausflugsfahrt z.B. mit dem Vulkanexpress von Brohl am Rhein den Berg rauf nach Engeln. Später als Steigerung für Fortgeschrittene darf es vielleicht eine Nostalgie-​Sonderfahrt z.B. bei EifelBahn GmbH in Linz am Rhein. Und schließlich für Hartgesottene eine mehrtägige Fototour nach Thüringen und ins Erzgebirge oder gar direkt nach China.
Als harmloser Mitreisender werden Sie sich womöglich hinter vorgehaltener Hand spöttich über das eine oder andere Grüppchen meist älterer Herren auslassen, die scheinbar wirres Zeug reden und dabei vier verschiedene Fotoapparate vor dem Bauch baumeln haben. Werden Sie von diesen Herren angesprochen, dann nicken Sie einfach nur freundlich lächelnd und gehen sie weiter, die tun nichts, die wollen nur spielen. Aber wagen Sie es ja nicht, zwischen einen heran dampfende Zug und die Meute fotografierwilliger Verrückter zu geraten, dann werden Sie die Aggressivität und die Beißreflexe von Eisenbahnfans kennen lernen, dass Ihnen hören und sehen vergeht. Denn diese handeln nach dem Motto «lieber einen Freund verloren als ein Foto versaut»!
Für mich ist das alles nichts Neues. Ja, ich geb’s zu, ich bin auch so einer, verseucht vom Virus Eisenbahn. Dieser Tage war es also wieder soweit: Ich möchte wieder mal Eisenbahn fahren. Nein, nicht ICE, so was langweiliges! Nicht mit dem neuesten Regionalexpress-​Triebwagen nach Emmerich. Nein, ich will mal wieder in der Holzklasse fahren, ruckeln, rumpelnd, ratternd jede Flachstelle genießend, trotz gebuchtem Sitzplatz stundenlang am offenen Fenster (ja, früher einmal konnte man in Zügen das Fenster öffnen und den Kopf durch stecken) stehend, die Nase in den Wind und verklärt den nach verbrannter Kohle duftenden Rauch der Lokomotiven schnuppern. Der ganze Spaß kostet gerade mal knappe 80 Euro in der 2. Klasse.
Die Fahrt geht von Köln nach Mainz und nach dreieinhalb Stunden wieder zurück. Prima, denken Sie jetzt, dann ist der Kerl ja zum Mittagessen wieder bei Muttern! Pustekuchen! Nö! Is nich! Alleine zwischen planmäßiger und tatsächlicher Abfahrt vergehen 40 Minuten. Naja, Deutsche Bahn eben… stimmt, denn irgendwelche Mai-​Kundgebler haben schon am frühen Morgen zu viel getankt und laufen in Deutz und auf der Hohenzollernbrücke über die Gleise, sodass die Strecke für eine halbe Stunde gesperrt werden muss, um diese Penner einzufangen.
Egal, als Eisenbahnnarr mit Kamera vor der Brust gibt es eh nichts schöneres, als auf den Zug zu warten, vom Fahren einmal abgesehen, versteht sich. So wird also erstmal jeder rein– und rausfahrende Zug abgelichtet. Einzelne Fotografen diskutieren miteinander, die einen über die Motive, die anderen über die neueste Kameratechnik, die Dritten über Film– und Entwicklungspreise — ja, hier gibt es ihn noch, den antiquierte Analogfotoapparat mit Diafilm. An der Strecke später