Männermode Georg Freichel

Der Herrenausstatter mit dem gewissen Etwas und einem erlesenem Geschmack. Hier wird der Herr typgerecht beraten und erhält individuelle, modische Ware zu noch vertretbaren Preisen.

Zum Herrenausstatter gehe ich naturgemäß nur als Begleitung. Trotzdem — oder gerade deshalb — liebe ich Herrenausstatter. Hier habe ich nun ein Prachtexemplar der Gattung entdeckt.
Dazu kam es folgendermaßen: Mein Angetrauter brauchte ein neues Hemd, und zwar dringend. Der erste Weg führte uns in ein großes Kaufhaus (da hatte er 1998 mal was gefunden).
Nach etwa zehn Minuten Versuch, auf hundert Quadratmetern Grabbeltisch erst die richtigen Hemden und dann die richtige Größe zu finden, waren wir entnervt wieder draußen. (Nicht daß man hier unfreundlich gewesen wäre — das nicht! Nur war’s einfach ein bißchen viel.)
In der Futterstraße gibt es ein ganzes Nest von kleinen Fachgeschäften; Treichel ist einer von drei Herrenausstattern. Meinen schon merklich quengeligen Gatten mußte ich mit Nachduck hineinbugsieren; dann übernahm Herr Treichel den Fall, während ich mich bequem auf dem Ehefrauensofa niederlassen konnte.
Der Laden ist eine Wucht. Viel Herrenoberbekleidung auf wenig Raum. Vom Wildlederblouson (Modell Mathelehrer) bis hin zum italienischen Sakko («jung geschnitten») sind alle Stilrichtungen vertreten; in Sachen Anzug oder gar Frack wird hier jeder fündig. Die passenden Accessoires (Krawatten, Gürtel, Einstecktücher…) sind natürlich auch im Sortiment. Und wenn etwas partout nicht paßt, kann man es preisgünstig ändern lassen.
Herr Treichel ist von bewunderungswürdiger Professionalität auch bei schwierigen Kunden, und mit Kennerblick hat er rasch alles an Ware identifiziert, was in Frage kommen könnte. Was soll ich sagen — in Nullkommanichts stand mein Einkaufsmuffel in einer Umkleidekabine und entdeckte seine Vorliebe für extreme Farben. Als er dann mit drei (!) gelben (!) Hemden in Problemgröße (!) wieder zum Vorschein kam und verkündete: «Jetzt hab ich keine Lust mehr!», verzog Herr Treichel nicht ansatzweise die Miene.
Nunja. Man muß eben wissen, wann’s reicht. Beziehungsweise aufhören, wenn’s am schönsten ist…
P. S.: An der Kasse gab es dann für meinen Mann die angenehme Überraschung, daß die Hemden preisreduziert waren, «und dieses hier ist sogar bügelfrei.» — «So? Bei mir sind alle Hemden bügelfrei.» Sprach’s und verließ zufrieden mit mir den Laden. — Wir kommen wieder.