Esperantomuseum

Der Begriff «Esperanto» war mir zwar schon mal untergekommen, aber so richtig wusste ich nicht, was genau es damit auf sich hat. Welch Glück, dass es dieses kleine Museum gibt, welches sich auf wenigen Quadratmetern dem Thema Plansprachen, allen voran Esperanto, widmet.
Die Beschreibung «Museum» wird diesem Ort im Grunde genommen nicht gerecht, denn in 80 Jahren Sammelleidenschaft ist die größte Plansprachen-​Fachbibliothek der Welt erstanden.
Über einen Film in Endlosschleife erfährt man zunächst etwas zur Geschichte von Esperanto und zur Idee einer neutralen Weltsprache zur internationalen Verständigung.
Wer sodann Lust bekommen hat, eine neue Sprache zu lernen, kann sich an einem PC mit den Grammatikregeln von Esperanto vertraut machen und sein Wissen anschließend testen. Ausprobieren sollte man diese interaktiven Medienstationen auf jeden Fall, denn Esperanto ist gar nicht so schwer.
Wem Esperanto dann doch zu abstrakt ist, der kann sich eventuell für andere Plansprachen, z. B. Klingonisch aus Star Trek oder Lingua Ignota von Hildegard von Bingen, begeistern.
Ich fand den Ausflug hierher ganz spannend. Natürlich war nicht genügend Zeit da, um sich alles durchzulesen, aber meine Neugier wurde geweckt und wenn es meine Zeit erlaubt, werde ich mich bestimmt noch mal mit Esperanto befassen.

Das Museum ist wohl nur geeignet für Besucher, die sich spezifisch für Plansprachen interessieren. Wir sind nur hin, weil im Rahmen der Museumsnacht ein klingonisch Kurs angeboten wurde, der dann aber nicht wirklich spannend war. Die insgesamt 4 Automaten zeigen verschiedene Plansprachen. Das ist zwar ganz interessant, aber wirklich nur für Leute, die Plansprachen super spannend finden, wo ich nicht wirklich dazugehöre.
Das Museum ist winzig klein und nicht wirklich spektakulär. Den Hauptteil, die Bibliothek der Plansprachen, gibt es gar nicht zu sehen. Dort sind über 500 Plansprachen dokumentiert.
Von mir gibt es 3 Sterne. Das Museum ist mit den Medienstationen interaktiv gestaltet und ganz nett. Aber lohnenswert ist es eigentlich nur, wenn man sich interessiert.

Sie machen es uns nicht leicht, die Sprachen. Verursachen ein Missverständnis nach dem anderen, leiten uns in die Irre, wo sie nur können, feiern die Ausnahme und verabscheuen die Regel, meinen hier dies, dort das, sind untereinander nicht kompatibel und wo doch, da schlagen sie einen entwicklungsgeschichtlichen Haken, der sich gewaschen hat. Beherrschen lässt sich keine, wie sie auch heißen mag. Alles andere ist Augenauswischerei, soviel steht fest.
Von diesem Grundkonsens aus können wir unseren kleinen Ausflug ins Palais Mollard guten Gewissens beginnen. Denn dort finden sich die historischen Zeugnisse des wenn auch aussichtslosen, so doch überaus ehrenhaften Bestrebens, die wildwuchernden verbalen Kommunikationsformen des Menschen– und neuerdings auch des Klingonengeschlechts in geregelte Bahnen zu bringen. Die durch Hochmut verursachte babylonische Sprachenverwirrung rückgängig zu machen also. Mittels Plansprachen. Esperanto und Interlingua sind die bekanntesten unter den rund 500, die, einmal leise und unbemerkt, einmal mit Pomp und Grandezza, scheiterten, weil sie scheitern mussten. Mit Hochmut ist er bekanntlich schwer zu bekämpfen, der Hochmut.
Wie auch immer. Der interessierte Besucher wird im hiesigen Museum seine Freude haben. Zunächst natürlich an der hübsch präsentierten Geschichte der namensgebenden Plansprache selbst. Ende des 19. Jahrhunderts vom dazumal in Wien lebenden Augenarzt Dr. Ludvik Zamenhof auf im Wesentlichen lateinischer Grundlage geschaffen, sollte sie mit 16 einfachen Grundregeln auskommen. Die Hoffnung auf eine lingua franca, der Begriff Esperanto selbst dokumentiert sie, zerschlug sich, auch wenn eine kleine Schar Eingeschworener bis heute das Gegenteil predigt. Wie sie klingen sollte, die intendierte Weltsprache, das erfährt und erhört man an den zahlreichen interaktiven Mediastationen im Museum, das darüber hinaus auch zu anderen Plansprachen (Hildegard von Bingens Lingua Ignota, Stefan Georges Romanisch oder Lieutenant Worfs Klingonisch etwa) interessante und mitunter amüsante Anekdoten bereithält. Und wie es sich schreibt, das Esperanto, das erfährt man nicht erst im Palais Mollard selbst, sondern gleich auf der oben genannten Homepage. Denn die ist zweisprachig. Eine schöné Sache.
Genug der Worte. Mit eigenen Augen muss man es sehen. Doch zuvor die Bewertung. Das Esperantomuseum ist eines der interessantesten historischen und/​oder naturwissenschaftlichen Museen Wiens, ganz ohne Zweifel. Das dreiundzwanzigstinteressanteste würde man sagen, würde man darauf angesprochen. Andere mögen anderer Meinung sein. Man selbst ist verzückt.
(Dieser Beitrag ist Teil der Serie «Wo in Wiens an Höhepunkten, Abwechslung und Vielfalt reicher Museenlandschaft finde ich die höhepunkt-​, abwechslungs– und vielfaltsreichsten historischen und/​oder naturwissenschaftlichen Museen der Stadt?». Nähere Infos und Hintergründe unter
).

Das Esperantomuseum gehört wohl auch zu den Museen, die vor allem für besonders Interessierte konzipiert wurde, für die gibt es nämlich eine sehr umfangreiche Bibliothek. Für alle anderen lohnt sich ein Besuch vor allem bei der jährlichen langen Nacht der Museen, bei der man mit nur einem Ticket bis 1.00 Uhr so viele Museen besuchen kann wie man möchte. Dann werden auch besondere Kurse angeboten: Letztes Jahr zum Beispiel ein Crash-​Kurs in Esperanto oder Klingonisch. Ansonsten gibt es in dem wirklich kleinen Museum nicht nur Informationen über Esperanto, sondern auch über andere Plansprachen, von denen man sich Beispiele an einem der vielen Medienstationen anhören kann.

Warum sollte man zumindest als Wiener das Museum einmal gesehen haben?
Weil es sich hierbei um ein exotisches Museum über eine sehr originelle Idee des «babylonische Sprachgewirr zu entwirren» handelt.
Es ist ein nicht-​alltägliches Museum und es bietet in einen interessanten Einblick in eine neue Welt