King Sing

Hier bin ich schon sehr oft und sehr gern gewesen. Auch schon, bevor ich Frau JLoS kannte und das ist lang, lang her.
Von außen sieht es sehr einladend aus und es hält innen, was es verspricht. Die Einrichtung ist typisch chinamännisch mit vielen kichernden Buddhas, echten Bonsais, recht geschmackvollen Bildern an den Wänden. Besonders zu erwähnen ist die völlig schwarze Fensterverglasung, die verhindert, daß jeder Dackel durch die Fenster hineinschauen kann. Die Gäste können allerdings ungehindert nach draußen sehen.
Die Tische sind frisch eingedeckt und auf Wunsch werden Schälchen und Stäbchen gebracht. Alles ist sehr sauber, die Bedienung hilft den Gästen sehr aufmerksam bei Bedarf aus den Mänteln und bringt sie zur Garderobe. Die Speisekarte ist übersichtlich und dennoch gut sortiert; die Preise bewegen sich im vertretbaren mittleren Bereich. Bei den Getränken verhält es sich ebenso.
Indische Reistafeln sind nicht unbedingt nach meinem Geschmack, auch nicht die Bamis und Nasis. Tandoori wird hier leider nicht angeboten, doch die kantonesischen Gerichte waren bisher immer sehr schmackhaft und auch optisch ausgesprochen zufriedenstellend hergerichtet.
Bei unserem letzten Besuch im Juni 2007 waren wir zu viert. Frau JLoS, unsere Töchter und ich. Die Vorspeisen waren gut. Ich hatte mein heiß geliebtes Pangsit Goreng, die Töchter aßen Frühlingsrollen und Frau JLoS enthielt sich. Mein Hauptgang sollte dann eine auf Holzkohle geröstete Ente sein. Ich freute mich und war gespannt.
Auf grund nicht weniger Aufenthalte in Asien habe ich, was asiatische Gerichte betrifft, schon so einige skurrile Zubereitungsarten erlebt und bin an Ungewöhnlichkeiten gewöhnt. Garküchen in Kathmandu, Dakka und Bangkok sind da schon manchmal sehr abenteuerlich; in Singapur ist zwar alles viel sauberer aber Garküche bleibt Garküche. Ich kenne auch Hühnchen-​, Enten– und Kaninchengerichte bei denen man glaubt, das Tier sei mit dem einzigen Hieb eines riesigen Hammers zur Strecke gebracht worden. Man muß dann immer ein wenig vorsichtig nach Knochensplittern pulen.
Nicht lange nach der Vorspeise, die mir fantastisch geschmeckt hatte, kam die Serviererin mit meiner Ente.
Ich war baff. Auf einem ovalen Teller lag einsam und allein der ziemlich dunkle Vogel. Ohne Beilage, ohne optischen Pep. Nun gut, ich harrte der Dinge, die noch kommen sollten. Außer Reis und den Speisen der anderen kam aber nix. Vorsichtig fragte ich nach und man erklärte mir, daß mein Gericht so auf der Speisekarte beschrieben sei. Ente auf Holzkohle geröstet. Auf meine Frage, warum man mir denn Stäbchen und eine Schale gebracht hatte, erhielt ich die Antwort, daß ich es doch so gewollt habe.
Nun denn. Ich hielt einfach die Klappe und begann zu essen. Zumindest versuchte ich es.
Meine Begleiterinnen futterten ihre Gerichte genüßlich auf und schielten mit innerlichem Gegrinse immer wieder auf meinen Vogel, der sich noch im Tode ausgesprochen knusprig, jedoch ebenso fad, zäh und erfolgreich gegen jeden Verzehr wehrte.
Drei wirklich hochprozentige Maotai als Entschädigung für mein nicht enden wollendes Gemecker retteten sowohl die Bedienung als auch den Koch vor dem drohenden Tod durch Erschlagen mit Thor’s Riesenhammer.
Wahrscheinlich hatten wir alle einen schlechten Tag. Der Koch, die Ente und ganz besonders Herr JLoS.