Da saß ich also. In einer zwangsfröhlichen Karokerunde anlässlich einer bevor stehenden Trauung. Und wie ich da saß und überlegte, wie viel Spaß die Herren wohl gerade hätten, sah ich mich um. Wir waren also nicht die einzigen Hühner auf Abschiedstour. Nur weniger aufgepimpt, ohne Mottoshirts und Hütchen. Von uns wollte keine singen. Ich wurde gedrängt«Du bist doch Sängerin». Ja, genau, deshalb habe ich eine Band. Da kann ich meiner Leidenschaft fröhnen, wann immer mir es beliebt. Nicht falsch verstehen: Ich weiß, dass Singen glücklich macht. Und finde Karaōke genau zu diesem Zwecke eine gute Erfindung unserer japanischen Freunde. Ich muss auch lachen, wenn Menschen in schrägen Tönen aber mit umso mehr Leidenschaft ihre Lieblingslieder zum besten geben und roll nicht mit den Augen. Hier allerdings stieß ich auf meine Grenzen. Statt feucht fröhlichem Schräggesang war hier Ernst angesagt. Es rotierten drei Gesangstalente, während Zufallsgäste wie wir lang warten mussten, bis man sich zwischen die Stammkelchen drängeln konnte. Da stand eine Whitney Houston in heller Haut und mit einigen Kilos zuviel und trällerte uns voller Inbrunst eine 1a-Version einer der Hits um die Ohren. Applaus, so viel jedenfalls möglich war(voll war anders). Sie strahlte und kehrte eine halbe Stunde später wieder auf die Bühne zurück. Mädel! Such dir eine Coverkombo und mach was draus! Hol dir Anerkennung woanders, wenn du Glück hast, verdienst du dir noch gutes Geld auf Hochzeiten oder Konfirmationen, und die Leute werden dich lieben. Ehrlich und verdient. Aber bitte, bitte, komm raus aus dem Kellerloch. Das geht doch schöner. Als meine frustrierte Freundin und ich merkten, dass der Abend zu versanden drohte und wir uns auf ein Liedgut einigten, gingen wir nach vorn, wurden auf eine dreiviertel Stunde später vertröstet, schluckten unsere Cocktails runter und gingen alle miteinander… Née, dann lieber betrunkene Japaner und wirklich Spaß… Schrecklich, diese lichtlose Dilemma.
Anna D.
Évaluation du lieu : 4 Berlin
Das Cheers ist einer der alteingessessenen Karaōke-Läden in Berlin. Es ist in einem Haus, das Rolf Eden gehört(und sieht auch aus, als ob Rolf Eden es eingerichtet hätte) an der Wilmerdorfer Straße, in der Nähe des Adenauer Platz. Seit diesem Jahr hat der Laden eine neue Bewirtschaftung und die Preise wurden etwas gesenkt, der chinesische DJ, der kaum ein Wort Deutsch versteht ist allerdings geblieben, er gehört hier auch zum Inventar. Das Cheers hat einen ganz eigenen Charme, das Interieur erinnert an einen Rotlicht-Schuppen, gemischt mit China-Kitsch, es gibt gemütliche Runde Sofaecken, in denen auch Singmuffel einen netten Abend verbringen könen. Die Karaōke-Bar hat die ganze Woche über geöffnet und man kann hier jeder Zeit ein Liedchen schmettern, der Laden schließt meist erst, wenn der letzte Gast geht. Es gibt natürlich wie in vielen Karaōke-Läden eine große Stammkundschaft, die ein oder andere Betriebsfeier und manchmal kommen auch große Chinesische-Gruppen, die hingebungsvoll fernöstliche Pop-Nummern schmettern.