Immerhin wurde mit der Fassadenrenovierung kürzlich sogar ein Türschild montiert. Ansonsten ist aber immer wieder bemerkenswert, wie es ein riesengroßes Lokal in bester Lage, nur wenige Hundert Meter vom überfüllten Café Schwarzenberg und fast direkt neben dem Hotel Intercontinental so beständig schafft, fast zu jeder Tages– und Nachtzeit einen Ort der Ruhe und Gelassenheit zu bieten. Aber der Reihe nach: Der L-förmige, durch eine mächtige Säule geteilte Raum, fast könnte man Halle dazu sagen, ist riesig und hat seine letzte Renovierung wohl vor 60 Jahren gesehen. Es gibt Fischgrätparkett, Marmortische mit eisernen Sockeln, die wohl aus der Originaleinrichtung stammen(das Café existiert seit 1856, als das Haus gebaut wurde), dazwischen abgewetzte rote Lederbänke und eine wahl– und geschmacklose Mischung aus Thonet-Sesseln und Terje-Klappstühlen. Relikte stehen hier nebeneinander: ein altes Pianino neben einem großen Spiegel und einer Tanzfläche beim Eingang, uralten Billardtische mitten im Raum, auf denen heute kaum jemand mehr spielt. Die ewig knarrende und röchelnde Kuchenvitrine, deren oranges Kabel ohne Befestigung einfach am Boden verlegt ist, ist hingegen genauso aus den 70er-Jahren wie die nackten Leuchtstoffröhren bei den Fensternischen. Hinter einer Flügeltüre gibt es einen weiteren großen,(heute Raucher-)Raum. Vielerorts blättert die Tapete ab, auch die Resopalverkleidungen lösen sich allmählich — dennoch ists im Café bequem und behaglich. Das Heumarkt versprüht keine Eile, weder die Gäste noch das Personal. Den beiden Eigentümern, von denen meist nur einer anwesend ist und den Laden alleine schupft, gehört das Kaffeehaus seit über 35 Jahren. Sie tragen weder Smoking noch Jackett, nein, hier wird im weißen Apothekerkittel serviert. Möchte man die(moderate) Rechnung begleichen, kommt es nicht selten vor, daß der Ober freudig«Komme gleich» tönt, den Wunsch im nächsten Augenblick vergisst und verschwindet, wie es schon Ingeborg Bachmann, anno dazumal auch Besucherin des Cafés, in den Siebziger Jahren in ihrem Roman«Malina» beschrieben hat. Jedenfalls wird hier freundlich und mit Schmäh bedient, auch ein geschätzter Pluspunkt des Cafés, den viele«berühmte» Innenstadtcafés mit ihrer Massenabfertigung nicht haben. Auch die Kundschaft ist durchmischter, montags und freitags am Abend besuchen ältere osteuropäische Herren das Café, da ist es etwas lauter. Sonst sind selten mehr als zehn Gäste im Lokal, überwiegend Leute aus der Nachbarschaft. Ach ja, es gibt die üblichen Getränke, aber auch gute warme und kalte Speisen, die vom Ober eigenhändig zubereitet werden. Das Café Heumarkt hat schon viel überdauert und ist ein bisschen ein Fremdkörper in einer schnellebigen Zeit. Es ist wert, besucht zu werden — aber bitte nicht zu viel, denn ein bissl vergessen muss es bleiben, das gehört dazu. Fazit: Einer der stimmungsvollsten Orte in Wien.
Robert F.
Évaluation du lieu : 4 Wien, Österreich
Wahrlich nicht leicht zu finden, das Heumarkt, vielleicht saß ich aus diesem Grund einige male so gut wie allein dort, also besondere Hektik oder auffällig eilige Betriebsamkeit hab ich im Heumarkt insgesamt noch nicht erlebt, einer der Gründe warum ich es gerne aufsuche. Fast schmucklos mutet es an, das Lokal ist nicht bis auf den letzten möglichen m2 mit Tischen verstellt, ich habe im Heumarkt das gute Gefühl auch mal ohne weiteres vom Tisch aufstehen und ein paar Längen frei herumgehen zu können ohne gleich für irre gehalten zu werden, Platz wäre ja genug da. Die Vitrine ist ein Hit, stimmt.
Isolde T.
Évaluation du lieu : 4 Wien, Österreich
Das Café am Heumarkt macht einen gediegenen, gelassenen und unaufgeregten Eindruck und erinnert den ambitionierten Kaffeehausbesucher nicht wenig an das Zartl in der Rasumowskygasse 7. Das Lokal wartet mit Ruhe und Gemütlichkeit auf, letzter nicht zuletzt auch wegen der vorherrschenden grindigen Atmosphäre, die trotzdem nicht darüber hinweg täuschen kann, dass der Heumarkt einst, als er noch keine dicht und ständig befahrenen Durchzugsstraße war, wegen seiner Lage am Stadtpark und nur wenige Heuballen vom Ring und der City entfernt, zu den begehrtesten Adressen Wiens gezählt hat. Mit seinen 130 Sitzplätzen, die man aber leider nicht am Wochenende benutzen kann, den vegetarischen, österreichischen und auch internationalen Speisen, seinen Bier– und Weinspezialitäten, den ausgewählten Spirituosen und dem Extrazimmer, ein passables Ziel für alle Freunde unverfälschter Alt-Wiener Kaffeehaustradition.
Leo L.
Évaluation du lieu : 4 Wien, Österreich
Wer auf aalglatt renovierte, auf stereotype Touristenerwartungen hin ausgerichtete Innenstadtcafés verzichten kann, wird hier belohnt. Etwas schwierig könnte es sich zunächst gestalten, dieses in der unmittelbaren Nähe des Hotel Intercontinental gelegene Kaffehaus zu finden, da es kein Schriftzug ankündigt. Im Inneren erwartet den Gast eine seit geschätzten 50 Jahren weitgehend unverändert gebliebene Einrichtung(ein akustisches Spektakel ganz spezieller Art bietet die Kühlvitrine). Die Ober sind in meinen Augen im Vergleich zu denen vieler anderer Cafés freundlich und verfügen über einen zum Teil ans Absurde grenzenden Humor. Die Speisekarte bietet das in Wien Übliche zu üblichen Preisen, auch ein erschwingliches Mittagsmenü wird angeboten. Eine harte Semmel oder einen kalten Semmelknödel zum Gulasch nimmt man jedoch gern in Kauf für ein Café, in dem der Wiener Schlendrian zur charmanten Kunstform erhoben wird. Bedauerlich ist vor allem, dass das Kaffeehaus am Wochenende geschlossen bleibt, was allerdings dadurch gutgemacht wird, dass die für 22:00 vorgesehene Sperrstunde liberal ausgelegt wird.